Wassergeburt: Wie läuft sie ab?
Seit 30 Jahren werden Wassergeburten immer beliebter. In Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen, je nach Geburtsort, zwischen 4 % und 30 % der Babys im Wasser zur Welt. Aber was sind eigentlich die Vor- und Nachteile einer Wassergeburt und wie läuft die Geburt im Wasser ab?
Was ist eine Wassergeburt?
Die Wassergeburt ist eine der vielzähligen Möglichkeiten, wie du dein Baby zur Welt bringen kannst. Das warme Wasser wirkt als natürliches Schmerzmittel und hilft dir, die Wehen besser auszuhalten. Eine Wassergeburt hat aber nicht nur für dich Vorteile. Auch dein Baby profitiert von einer Geburt in der Wanne.
Die letzten neun Monate hat dein Baby schwimmend im Fruchtwasser verbracht. Bei der Geburt ist der Übergang vom warmen Fruchtwasser in die kalte Außenluft ein Schock. Kommt dein Baby in der Geburtswanne zur Welt, ist dieser Schock kleiner, da der Temperaturunterschied zwischen dem Fruchtwasser und dem Badewasser nicht zu groß ist.
Wenn du dich für eine Wassergeburt interessiert, solltest du dich schon vor der Geburt darüber informieren, ob dein Krankenhaus eine Geburtswanne hat. Denn nicht jedes Krankenhaus bietet eine Wassergeburt an.
Vorteile der Wassergeburt
Eine Wassergeburt bietet viele Vorteile. Sie hat einen positiven Einfluss darauf, wie du die Geburt erlebst und wie die Geburt vorangeht.
- Schmerzen werden gelindert: Das Schmerzempfinden ist bei einer Wassergeburt nachweislich geringer als bei einer Geburt außerhalb des Wassers.
- Schnellere Geburt: Besonders die Eröffnungsphase verläuft im Wasser schneller. Es wird angenommen, dass sich Frauen im Wasser zwischen den Wehen besser entspannen können. Das beeinflusst die Ausschüttung von Oxytocin, sodass sich der Muttermund schneller öffnet.
- Dammschnitt eher selten: Durch das warme Wasser wird die Dehnung des Beckenbodens begünstigt. Das hat zur Folge, dass ein Dammschnitt seltener gesetzt wird. Nichtsdestotrotz, ist das Risiko, dass der Damm reißt, vergleichbar mit einer Geburt außerhalb des Wassers.
Nachteile der Wassergeburt
Eine Wassergeburt hat aber auch einige Nachteile.
- Notfallmanagement schwieriger: Wenn ein Notfall auftritt, musst du aus der Wanne ins Bett gebracht werden. Das kann im Ernstfall wichtige Zeit kosten und sich negativ auf das Wohlergehen deines Babys auswirken.
- Blutverlust schwer einzuschätzen: Um die im Wasser verteilte Blutmenge richtig einzuschätzen, muss deine Hebamme erfahren sein.
- Verbleib in der Badewanne: Du solltest nicht ununterbrochen in der Geburtswanne bleiben. Denn im Wasser füllt sich die Harnblase schneller. Deshalb bittet dich deine Hebamme alle 2 bis 3 Stunden, die Toilette zu benutzen.
Wann ist eine Wassergeburt nicht möglich?
Nicht immer ist eine Wassergeburt möglich. Um Komplikationen während der Geburt zu vermeiden, müssen die folgenden Punkte abgeklärt werden.
Eine Wassergeburt ist nicht möglich:
- Geburt vor der 37. SSW
- Mehrlinge
- Beckenendlage
- Das CTG ist alarmierend, zum Beispiel langsamer werdende Herzfrequenz deines Babys
- Fruchtwasser ist dickflüssig und enthält Kindspech
- Du willst eine PDA oder andere medizinische Schmerzmittel
- Du bist positiv getestet auf HIV, Hepatitis-B oder Hepatitis-C
Eine Wassergeburt ist nur nach Absprache möglich, wenn:
- BMI über 30
- CTG zeigt Auffälligkeiten
- Dein Baby wird auf über 4000 Gramm geschätzt
Eine Wassergeburt ist eventuell möglich:
- Nach vorangegangenem Kaiserschnitt
- Nach vorangegangener Geburt mit Saugglocke
- Fruchtwasser enthält etwas Kindspech, zeigt aber weiter keine Auffälligkeiten
- Vorzeitiger Blasensprung ohne Infektionszeichen ab der 37. SSW
- Bei einer Streptokokken-B Infektion
Ablauf einer Wassergeburt
Wenn du das Bedürfnis hast in die Geburtswanne zu steigen, kannst du das jederzeit tun. Besonders in der ersten Wehenphase, wenn sich dein Muttermund öffnet, kann das warme Wasser die Wehenschmerzen etwas lindern. Du kannst dich jederzeit entscheiden, ob du nur ein Bad nehmen möchtest, oder du in der Wanne bleibst und dein Baby im Wasser geboren werden soll.
Erste Geburtsphase
- Frühe Eröffnungsphase: In der frühen Eröffnungsphase, wenn dein Muttermund 3 bis 5 cm weit geöffnet ist, kann deine Hebamme dir ein warmes Vollbad anbieten, um die Wehen etwas abzuschwächen. So kannst du dich besonders nach einer langen Eröffnungsphase etwas erholen und Kraft sammeln. Das funktioniert aber nicht bei allen Frau. Bei einigen hat das warme Bad den gegenteiligen Effekt und die Wehen werden stärker.
- Späte Eröffnungsphase: Wenn dein Muttermund mehr als 5 cm weit geöffnet ist, kann ein warmes Vollbad, wie ein Schmerzmittel auf den Muttermund und den Beckenbogen wirken. Diese Entspannung, führt oft zu einem schnellen Übergang in die Austreibungsphase. In der Regel bringen Frauen, die in die Geburtswanne wechseln, ihr Baby schneller zur Welt.
- Positionswechsel: Auch in dieser ersten Geburtsphase kannst du in der Geburtswanne verschiedene Positionen einnehmen.
Zweite Geburtsphase
- Frühe Austreibungsphase: Die Austreibungsphase beginnt, wenn dein Muttermund vollständig geöffnet ist. Im Wasser haben Frauen zu Beginn der Austreibungsphase eine etwa 30-minütige Ruhephase, in der die Wehen leichter und seltener werden. In dieser Zeit kannst du und dein Baby nochmal neue Kraft für den Endspurt sammeln. Lasse dein Becken kreisen, wenn deine Wehen wieder stärker werden. Das lockert die Beckenbodenmuskulatur.
- Späte Austreibungsphase: Auch im Wasser wird diese letzte Phase vor der Geburt von langen, kräftigen Wehen begleitet. Allerdings können die Wehen im Wasser in längeren Abschnitten, etwa alle 4 bis 6 Minuten kommen. So schiebst du dein Baby Stück für Stück weiter durch den Geburtskanal.
- Die Geburt: Mit der letzten Wehe wird dein Baby geboren. Dabei dreht es sich mit dem Kopf und dem Oberkörper zu dir, sodass du es in Empfang nehmen kannst. Dein Baby atmet zum ersten Mal, sobald es an die Wasseroberfläche gebracht wird. Das sollte innerhalb einer Minute passieren.
Können Babys unter Wasser atmen?
Sobald das Gesicht deines Babys mit Luft in Kontakt kommt, beginnt es zu atmen. Dadurch steigt der Sauerstoffgehalt in den Luftwegen an. Die Lunge entfaltet sich und das restliche Fruchtwasser wird aus der Lunge verdrängt.
Solange dein Baby unter Wasser ist, verhindert der sogenannte Diving-Reflex, dass dein Baby unter Wasser atmet. Die Luftröhre verschließt sich und dein Baby hält die Luft an. Dieser Reflex bildet sich im letzten Trimester aus und ist bei Frühchen noch nicht vollständig entwickelt. Auch, wenn dein Baby etwas länger unter Wasser ist, brauchst du keine Angst zu haben. Es wird die ersten 3 bis 5 Minuten noch über die Nabelschnur mit Sauerstoff versorgt.
Dritte Geburtsphase
Sobald dein Baby geboren wurde, schwimmt es in deine Arme. Danach kannst du dein Baby entweder noch etwas im Wasser halten, oder du legst es dir direkt auf die Brust. Damit dein Baby nicht abkühlt, wird es mit einem in Badewasser getränktem Handtuch zugedeckt. Deine Hebamme wird dein Baby regelmäßig mit warmem Wasser übergießen, um Verdunstungskälte zu vermeiden.
Der weitere Verlauf der Nachgeburtsphase hängt von der Wassertemperatur ab.
- In lauwarmem Wasser: Eine Wassertemperatur zwischen 33 und 35 Grad, wirkt positiv auf die Gebärmutter und die Blutgefäße, sodass sich die Plazenta zeitnah löst. Sie wird mit geringem Blutverlust ins Wasser geboren. Sobald die Plazenta geboren wurde, kannst du mit deinem Baby zum Kuscheln ins Bett umziehen
- In warmem Wasser: Hat das Wasser eine Temperatur über 35 Grad, setzen die Nachwehen meist später ein. Es kann bis zu einer Stunde dauern, bis die Plazenta geboren wird. Deshalb gibt es zwei Möglichkeiten. Wenn die Plazenta im Wasser geboren werden soll, wirst du dein Baby in der Wanne das erste Mal zum Stillen anlegen. Sicherer ist es jedoch, wenn du und dein Baby nach etwa 5 bis 10 Minuten nach der Geburt ins Bett umzieht und die Plazenta dort geboren wird. Denn warmes Wasser weitet die Blutgefäße und es kann zu starken Nachblutungen kommen.
Die ersten Stunden nach einer Wassergeburt
Nach einer Wassergeburt solltest du nicht zu schnell und nie allein aus der Geburtswanne aufstehen. Denn der Temperaturunterschied kann deinen Kreislauf belasten. Stehe deshalb langsam auf und setze dich kurz auf den Wannenrand. Damit dir beim Aufstehen keine Nachblutung am Bein runterläuft, wird dir deine Hebamme beim Aufstehen direkt eine Wöchnerinnenbinde vorlegen.
Sobald du mit deinem Baby aus der Wanne gestiegen bist, werdet ihr von der Hebamme in ein großes Bade- oder Bettlaken gehüllt. Du kannst dein Baby auf dem Arm behalten und musst dich nicht noch lange abtrocknen. Ihr könnt weiter zusammen kuscheln und bleibt schön warm.
Wenn du im Bett angekommen bist, wird deine Hebamme eine erste Routineuntersuchung durchführen. Dazu tastet sie nach dem Fundusstand und kontrolliert, ob du Geburtsverletzungen hast. Alle weiteren Untersuchungen, sowie die U1 und die Versorgung der Geburtsverletzungen, finden erst nach der ersten Stunde nach der Geburt statt. So habt ihr genug Zeit für das Bonding und könnt euch kennenlernen.