Sprachentwicklung: Das lernt dein Baby über Sprache
Bei Sprachentwicklung denken wir oft an Sprechen. Doch Sprechen ist nur ein Teil der Sprache. Hören und Verstehen ist ein genauso großer Bestandteil. Sprachentwicklung beginnt also nicht mit den ersten gesprochen Worten, sondern mit dem Hören im Mutterleib.
Was braucht dein Baby, um Sprache verstehen zu können?
Bevor dein Baby die ersten Worte spricht, hat es bereits unglaublich viel über Sprache gelernt. Ein Großteil der Sprache spielt sich in unserem Unterbewusstsein ab. Wir wissen viel mehr über die Sprache, als wir denken. Ohne dieses Wissen könnten wir weder Sprechen noch andere verstehen.
Dein Baby hat dieses Wissen aber noch nicht. Damit es mit dem Sprechen anfangen kann, braucht es dieses Wissen aber. In diesem Artikel erfährst du, was alles zum Sprachwissen gehört.
Die Sprachentwicklung– welche Rolle spielt die Muttersprache?
Sprache besteht aus Bausteinen. Und der kleinste Baustein der Sprache ist der Laut. Jede Sprache besitzt eine eigene, individuelle Auswahl an Lauten. Diese sind in jeder Sprache unterschiedlich. Die erste Aufgabe deines Babys ist es also, herauszubekommen, welche Laute für die Muttersprache wichtig sind.
Denke zum Beispiel an ein japanisches Baby. Im Japanischen gibt es keine Unterscheidung zwischen „l“ und „r“. Ein japanisches Baby muss also lernen, dass der Unterschied zwischen „l“ und „r“ nicht wichtig ist. Es lernt, beide Laute in die gleiche Schublade zu stecken. Dann braucht es nicht mehr auf den Unterschied zu achten. Mit der Zeit wird es für das Baby immer schwerer, überhaupt noch einen Unterschied zu hören.
Ein deutsches Baby muss hingegen lernen, dass dieser Unterschied wichtig für das Deutsche ist. Es muss „l“ und „r“ in zwei unterschiedliche Schubladen stecken. Nur so kann es den Unterschied auch weiterhin hören.
Es gibt auch andere Lautunterschiede, die für das Deutsche keine Rolle spielen. So zum Beispiel im Spanischen. In der Sprache unterscheidet man zwischen einem gerollten und einem geschlagenen „r“. Das spanische Baby braucht also zwei Schubladen für „r“, das deutsche Baby braucht nur eine.
Wichtig: In den ersten 2-4 Tagen nach der Geburt wird ein Hörscreening bei deinem Baby durchgeführt. Dein Baby braucht ein gutes Gehör, um die Sprache entwickeln zu können. Hört dein Baby nicht gut, ist es wichtig, so früh wie möglich einzugreifen. Nur so wird die Sprachentwicklung nicht beeinträchtigt. Das Hörscreening wird meistens noch im Krankenhaus gemacht. Es gibt aber auch Kinderärzte und HNO-Praxen, die diese Untersuchung machen können.
Wann lernt dein Baby die Laute der Muttersprache?
Welche Laute zusammen in eine Gruppe gehören und welche nicht, lernen Babys etwa ab dem 6. Monat. Zuerst für die Vokale und ab dem 11. Monat für die Konsonanten.
Wieso ist es wichtig, zu wissen, ob Laute zusammengehören oder nicht? Stell dir vor, du sprichst das Wort „rau“ einmal mit gerolltem und einem mit deutschem „r“ aus. Wenn dein Baby nicht weiß, dass dieser Unterschied im Deutschen nicht wichtig ist, wird es denken, es sind zwei unterschiedliche Worte.
Wusstes du, dass…
… es uns schwer fällt, die Lautgruppen unserer Muttersprache im Nachhinein zu ändern? Meistens benutzen wir sie, auch wenn wir eine Fremdsprache sprechen. So entsteht ein Akzent.
Wie lernt dein Baby Wörter?
Nach dem Laut ist das Wort, der nächstgrößte Baustein. Bevor dein Baby aber das erste Wort sprechen kann, muss es erst einmal ein Wort erkennen können. Doch Wörter zu erkennen ist schwerer als man denkt.
Sieh dir den Satz in dem Bild oben an. Siehst du, wo ein Wort beginnt und wo es endet? Im Schreiben benutzten wir Leerzeichen zwischen Wörtern. Beim Sprechen nicht. Dein Baby muss nun also lernen zu erkennen, wo ein Wort anfängt und wo es endet.
Aber wie macht dein Baby das? Um einzelne Wörter in einem Wortschwall erkennen zu können, haben Babys zwei Strategien. Bei der ersten achtet es auf Sprachsignale. Vor allen Dingen die Betonung spielt dann eine große Rolle.
Bei der zweiten Strategie nutzen Babys Wahrscheinlichkeiten, um herauszufinden, wo ein Wort anfängt und wo es aufhört. Silben, die innerhalb eines Wortes vorkommen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit gemeinsam vorzukommen als Silben außerhalb eines Wortes.
Wie lernt dein Baby die Regeln der Sprache?
Dein Baby hat nun den Baustein Laut und Wort gemeistert. Doch die Sprache besteht nicht nur aus Bausteinen. Ebenso wichtig ist es zu wissen, wie man diese Bausteine richtig zusammenfügt. Dafür braucht man die Grammatik.
Jetzt muss dein Baby herausfinden, wie es die Wörter kombinieren kann. Dafür lernt es, Muster innerhalb der Sprache zu erkennen.
Um zu erforschen, wie genau Babys das lernen, wurden Studien durchgeführt. Babys wurden unterschiedliche Silbenabfolgen vorgespielt. Eine Silbenabfolge konnte zum Beispiel so aussehen: ga ti ga. Man hat herausgefunden, dass Babys merken, dass ga ti ga, der gleichen Regel folgt wie ta la ta. Beide haben das Muster A B A. Dieses abstrakte Regelernen bildet die Basis, auf der dein Baby später Grammatik lernt.
Wie kannst du dein Baby bei der Sprachentwicklung unterstützen?
Durch die Verarbeitung der vielen Informationen kann es sein, dass dein Baby womöglich an manchen Tagen unruhig ist oder mehr weint. Am besten unterstützt du dein Baby mit viel Liebe und indem du viel mit ihm sprichst.
Deine Stimme und Aufmerksamkeit reichen aus, damit es lernt, Sprache zu verstehen. Hier haben wir dir noch ein paar Tipps zusammengestellt, wie du dein Baby beim Sprache lernen unterstützen kannst.
- Sprich viel mit deinem Baby: Dein Baby interessiert sich für alles, was im Alltag passiert: wo ihr hinfahrt, was es isst, wen ihr besucht und so weiter. Es lernt so Dinge, Ereignisse und Erfahrungen mit Sprache zu verbinden.
- Reagiere und kommentiere das Verhalten deines Babys: „Du weinst, weil du Hunger hast? Keine Sorge, es gibt gleich was zu essen.“ Dein Baby lernt so, dass seine Gefühle und Bedürfnisse mit Sprache in Verbindung gebracht werden können.
- Dein Baby möchte sich mitteilen: Du kannst es unterstützen, indem du dein Baby bestärkst und ermutigst, wenn es beginnt mit Sprachlauten zu experimentieren.